Schritt 5 | Wettbewerb

Beispiel offenes Bewerbungsverfahren

Nachdem die Bewerbungsunterlagen beim Auslober eingegangen sind, werden sie dort in der Regel nur auf fristgerechte Einreichung geprüft und auf Vollständigkeit gesichtet. Eine umfassende Vorprüfung z.B. auf die Anerkennung als bildende Künstlerin o.ä. kann meist wegen der Fülle der eingereichten Unterlagen vor dem Auswahlgremium nicht stattfinden. Dies sollte aber nach der Sitzung des Auswahlgremiums für die ausgewählten Teilnehmenden nachgeholt werden. Es empfiehlt sich, ein oder zwei Nachrücker zu bestimmen, für den Fall, dass Teilnahmevoraussetzungen nicht eingehalten wurden.

Man kann vor der Sitzung Kriterien für die Auswahl festlegen, z.B. Vergleichbarkeit der Referenzen mit der Wettbewerbsaufgabe oder Qualität und Überzeugungskraft der Referenzen, und eine Art Bewertungsmatrix erstellen.
Die Praxis hat aber gezeigt, dass diese meist nur bedingt anwendbar ist, weil eine Voraussicht der eingelieferten Beispielprojekte kaum möglich ist. Das wichtigste Kriterium für eine gute Auswahl ist der Fachverstand und die Sorgfalt des Auswahlgremiums. 

Ein Protokoll über den Ablauf ist sinnvoll, dieses muss aber keine Auswahlbegründungen enthalten. 

Der Ablauf der Auswahl muss an die Anzahl der eingereichten Unterlagen angepasst werden. Sind es sehr viele, kann ein erster Rundgang so ablaufen, dass jedes Mitglied des Gremiums ohne Begrenzung der Anzahl die Unterlagen kennzeichnet (z.B. mit Klebezetteln), die es in der zweiten Runde genauer gewertet sehen möchte. Alle Unterlagen ohne Kennzeichnung werden vor dem zweiten Rundgang entfernt. Plädoyers und eingehende Diskussionen des engeren Auswahlfeldes sind jedoch für ein differenziertes Meinungsbild unerlässlich.

Die Frage, ob Quotenkriterien im Rahmen des Auswahlgremiums beachtet werden sollen, ist möglichst gemeinsam mit dem Auslober im Vorfeld zu klären (und ggf. im Rahmen der Veröffentlichung den Teilnehmenden mitzuteilen).
Dies kann z.B. dazu führen, dass Gleichstellungsbeauftragte beobachtend teilnehmen, oder dass Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden wie z.B. „bei gleicher Eignung ist der schwächer vertretene Geschlechteranteil auszuwählen“ oder dass festgelegt wird, mindestens einen Hochschulabsolventen oder junge Teilnehmerin auszuwählen. Es ist aber auch möglich, dass auf eine Quotierung verzichtet wird, weil ein paritätisch besetztes Gremium nach nichtdiskriminierenden Kriterien entscheidet.

Die ausgewählten Bewerber/innen werden für das weitere Verfahren eingeladen, alle anderen werden über die Auswahl informiert.

Nach Versand der Auslobungsunterlagen können bis zu einem vordefinierten Zeitpunkt Fragen gestellt werden.
Die Antworten müssen allen Teilnehmenden zur Verfügung gestellt.

Ein Kolloquium ist eine Zusammenkunft der Teilnehmenden am Wettbewerb, mit den Ausloberinnen, Nutzern und Architektinnen, ggf. auch Statikern oder sonstigen Sachverständigen und Preisrichterinnen.
Der Auslober kann bei schwieriger oder bedeutender Aufgabenstellung zur Teilnahme am Kolloquium verpflichten.

Das Treffen findet etwa zwei bis drei Wochen nach Versand der Auslobungsunterlagen statt, die Künstler hatten also schon Gelegenheit, sich mit der Aufgabenstellung auseinanderzusetzen. Jetzt können sie direkt Fragen stellen und den Ort besichtigen.

Ein Kolloquium ist für die Wettbewerbsteilnehmenden die einzige Möglichkeit, mit den Ausloberinnen und Nutzern in direkten Kontakt zu kommen und sich ein eigenes Bild der Aufgabenstellung zu machen.
Für Auslober ist es ein gutes Korrektiv: Falls wichtige Informationen vergessen oder unklar dargestellt wurden, können hier Berichtigungen vorgenommen werden.

Die im Rahmen des Kolloquiums gegebenen Informationen müssen allen Wettbewerbsteilnehmenden zur Verfügung gestellt werden, d.h. sie werden mit dem Protokoll an alle verschickt.

Das Ziel der Vorprüfung ist die Überprüfung der formalen Anforderungen, die Auskömmlichkeit und die Genehmigungsfähigkeit. Die Anonymität bleibt im gesamten Prozess bestehen, daher kann die Vorprüferin kein Mitglied des Preisgerichtes sein.

Nachdem die Wettbewerbsunterlagen beim Auslober eingegangen sind, werden sie dort in der Regel auf fristgerechte Einreichung und, soweit möglich, auf Vollständigkeit der geforderten Leistungen gesichtet.
Die Wettbewerbsarbeiten dürfen keinerlei Hinweise auf die Identität der verfassenden Person geben und werden daraufhin geprüft. Hierbei wird die sechsstellige arabische Kennzahl mit einer Tarnzahl und die personenbezogenen Formulierungen mit einer einheitlichen Formulierung überklebt.

Anschließend werden die Arbeiten auf Plausibilität der technischen Angaben, der Ausführung und des Kostenrahmens begutachtet und ausgewertet.
In diesen Prozess werden nach Bedarf Fachleute (z.B. Architekt, kommunale Gremien, Landschaftsplaner) unter Berücksichtigung der Anonymität eingebunden. Die Ergebnisse der Vorprüfung werden ohne Wertung im Preisgerichtsgremium vorgestellt.

Erfahrungsgemäß ist es zielführend, einen Vorprüfbericht zu erstellen. 

Eine Preisgerichtssitzung ist ein konzentrierter und meist mehrstündiger Prozess. Daher ist eine angenehme und ausreichend große Räumlichkeit sehr wichtig. 
Die zu prüfenden Arbeiten sollten möglichst an beweglichen Stellwänden angebracht sein.
Es wird ein Ergebnisprotokoll angefertigt.

Zusätzlich zu den stimmberechtigten Mitgliedern des Preisgerichts dürfen weitere nicht stimmberechtigte Personen anwesend sein, hierzu gehören Sachverständige, Gleichstellungsbeauftragte oder Personalrat, aber auch sonstige interessierte Personen. Der Gesprächskreis sollte nicht zu groß sein.
Es wird Vertraulichkeit vereinbart.

Bei Landesbaumaßnahmen hat das für Landesbaumaßnahmen zuständige Referat des FM den Vorsitz inne, bei sonstigen Maßnahmen muss, gleich zu Beginn der Sitzung, eine Vorsitzende des Gremiums gewählt werden. 

Der Vorsitzende stellt die Vollzähligkeit des Preisgerichtes fest.
Außerdem versichert er sich, dass keiner der Preisrichter mit einem der Teilnehmenden Meinungsaustausch über das Wettbewerbsverfahren hatte.

In der Regel wird den Mitgliedern des Gremiums noch einmal kurz die Aufgabenstellung erläutert und über den Ablauf und das Ergebnis der Vorprüfung berichtet.
Die Vorprüferin hat zu Beginn der Sitzung außerdem Gelegenheit, Verfahrensentscheidungen einzuholen, wie z.B. grenzwertige Erfüllung der Teilnahmevoraussetzungen, Abdecken von zusätzlich eingereichten Unterlagen o.Ä..

Der Ablauf des Verfahrens ist nicht verbindlich geregelt. Der hier beschriebene Ablauf hat sich bei den Landesbaumaßnahmen bewährt, er kann aber nach Maßgabe des Auslobers projektentsprechend verändert werden:

  • Zu Beginn ist ein nicht wertender Informationsrundgang sinnvoll.
    Für offene Wettbewerbe mit einer Vielzahl an eingereichten Arbeiten empfiehlt sich ein gestaffeltes Vorgehen wie oben bei Bewerbungsverfahren beschrieben. 
    Bei beschränkten Verfahren kann im ersten Rundgang Zeit für das gemeinsame Lesen der Texte sowie Informationen über die Konstruktion und den Aufbau der Arbeit ausgetauscht und ggf. Sachverständige gehört werden.
    Es hat sich bewährt, im Informationsrundgang noch nicht in die inhaltliche Diskussion einzusteigen.
  • Bei dem nun folgenden ersten wertenden Rundgang ist eine absolute Stimmenmehrheit für Ausschluss oder Weiterkommen erforderlich. Jetzt folgt die inhaltliche Wertung: Die Preisrichter beginnen ihren Meinungsbildungsprozess über den Austausch ihrer ersten Eindrücke. Bei der Bewertung von künstlerischen Arbeiten ist das subjektive Empfinden genauso wichtig wie die kunsthistorische Expertise oder die kollegiale Einschätzung von Kunstschaffenden. Fach- und Sachpreisrichterinnen sollen auf Augenhöhe diskutieren.
  • Im respektvollen Austausch über ein oder mehrere Rundgänge formt sich eine Bewertung der Entwürfe. Nach dem ersten Rundgang genügt eine einfache Stimmenmehrheit.
    Im Protokoll sollen die Abstimmungsergebnisse festgehalten werden. Dies ist für die nicht preisgekrönten Teilnehmenden ein wichtiges Feedback, weil in der Regel im Protokoll nicht jede Arbeit beschreibend gewertet wird. 
  • In der Endrunde, wenn es darum geht, welcher Entwurf beauftragt werden soll, empfiehlt es sich, der Stellvertreterin der Nutzer noch einmal besonderes Gehör zu schenken: Sie muss letztendlich mit dem Kunstwerk auf Dauer leben und es wäre sehr schade, wenn die Entscheidung gegen ihren Willen zustande käme.
    Auch die Fragen zur Umsetzbarkeit und Dauerhaftigkeit sollen vor der Entscheidung abschließend geklärt sein.

Bei einem guten Verlauf des komplexen Meinungsbildungsprozesses wird die Entscheidung des Gremiums von allen Mitgliedern getragen, auch von denen, die überstimmt wurden.
Es ist möglich, nur einen ersten Preis zu bestimmen, oder eine Preisgruppe mit 1., 2., oder 3. Preis sowie Ankäufen.
Das Preisgericht kann zur Umsetzung Empfehlungen aussprechen, die vor einer Beauftragung zu berücksichtigen sind. Das können v.a. praktische Aspekte z.B. zur Unfallverhütung oder Wartung sein, es kann auch eine Bemusterung oder sonstige zusätzliche Information vor Vertragsabschluss gefordert werden. Grundsätzliche gestalterische Eingriffe in den Entwurf dürfen jedoch nicht zu einer Auftragsbedingung gemacht werden.

Falls es nicht zu einem Konsens kommt, bzw. sogar keine der Arbeiten zur Ausführung empfohlen werden kann, gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Die Arbeiten der engeren Wahl werden mit den Empfehlungen des Preisgerichts in eine Überarbeitungsphase geschickt.
    Die Anonymität bleibt aufrechterhalten. Die Überarbeitung sollte vergütet werden. Das Preisgericht trifft sich erneut.
  • Es werden zwei zweite Preise bestimmt und Ausführungsempfehlungen mit der Bitte um Überarbeitung gegeben.
    Die Teilnehmenden werden zu einem Vergabegespräch gebeten, in dem die Überarbeitung bewertet und eine Auftragnehmerin/einen Auftragnehmer bestimmt wird.
  • Das Verfahren wird aufgehoben und neu ausgelobt.