Entscheidung
Trier | Erweiterungsbau Forstamt Quint
Für den Erweiterungsbau am Forstamt Trier soll eine künstlerische Ausgestaltung gefunden werden, die im Diskurs Wald und Mensch eine zeitgemäße und konkrete Position bezieht.
Verfahren:
Das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB), Niederlassung Trier, Paulinstraße 58, 54292 Trier, hat in einem nichtoffenen Verfahren einen Kunst-Wettbewerb ausgelobt für Landesforsten Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Forstamt Trier, Am Rothenberg 10 in 54293 Quint.
Es wurden 6 Künstlerinnen und Künstler sowie ein Student ohne Abschluss zur Teilnahme am Wettbewerb eingeladen.
Eingeladene Künstlerinnen und Künstler:
Brigitte Dams
Dorthe Goeden
Gisela Krohn
Veronika Olma
Leonard Schlöder
Kai „Semor“ Niederhausen
Barbara Trautmann
Wettbewerbsaufgabe (Auszug):
Das Treppenhaus des Erweiterungsbaus soll eine künstlerische Ausgestaltung erfahren, die sich in besonderer Weise auf den Zweck des Gebäudes bezieht. Dies sind
- die normalen Aufgaben des Forstamtes
- die vielfältige Kommunikation zum Thema Wald
- die Zukunftsperspektive und die Ausbildung junger Leute in wald- und naturnahen Berufen
So soll das Thema „Wald“ oder „Wald und Mensch“ in der Konzeption aufgegriffen werden. Der Auslober wünscht sich eine Arbeit, die junge Menschen anspricht, einbezieht und auch einen Bezug zu den konkreten Ausbildungsinhalten herstellt. Diese kann, aber muss nicht erzählend sein, es kann auch eine assoziative Verknüpfung hergestellt werden. Die vom Menschen bedrohte Vielfalt des Lebensraumes Wald kann ebenso im Fokus stehen wie die geschichtsträchtige Beziehung des Menschen zum Wald oder der Gegensatz zwischen dem Baum und Holz als Werkstoff, dies nur als Beispiele für die Vielfalt der möglichen Bezüge.
An der tiefsten Stelle des Daches liegen der Eingang und das Treppenhaus, es öffnet sich mit einem großen Fenster direkt in den neuen Waldpark. Hier kann man vom Hof aus durch das Gebäude hindurch in die Weite schauen. Außen und innen gehen bewusst ineinander über: man sieht hinaus, man sieht hinein.
Diese Innen-/ Außenperspektive kann in der künstlerischen Gestaltung aufgegriffen und fortgeführt werden, die Wirkung des Innenraums nach außen ist mit zu bedenken.
Alle Arten von bildender Kunst sind denkbar, wie Malerei, räumliche Installation, reliefartige Arbeiten, Licht- oder lichtverstärkte Arbeiten, vorwiegend auf den Wandflächen des Treppenraumes, aber auch im Luftraum, soweit die Begehbarkeit nicht eingeschränkt wird. Die Auflagen bezüglich Brandschutz und Statik sind zu beachten.
Eine Kombination mit Elementen im Außenbereich ist nicht ausgeschlossen.
Entscheidung Preisgericht:
Das Preisgericht tagte am 10.01.2024 im Forstamt Trier. Von den ausgewählten Künstlerinnen und Künstler haben 5 Teilnehmende fristgerecht Ihre Arbeiten eingereicht. Eine Teilnahme wurde abgesagt.
Nach intensiver Diskussion beschließt die Jury einstimmig drei Platzierungen und entscheidet sich für die Tarnzahl 100519, mit der Empfehlung, den Entwurf mit der Ausführung des künstlerischen Werks zu beauftragen.
1. Platz
Tarnzahl: 100519
Künstlername: Kai „Semor“ Niederhausen
Titel: Verwurzelung
Begründung der Jury:
Die Arbeit „Verwurzelung“ bespielt das gesamte Treppenhaus mit einer durchkomponierten Farbgestaltung. Die Sichtbetonoberflächen sind als eigenständiges Flächenelement in die Farbflächen integriert. Die Farbgebung assoziiert das Thema „Wald“ und „Natur“- der Ausblick auf die Naturflächen durch das Fenster ist intelligent mitbedacht, wie die feine Gestaltung eines kleinen Teils der Glasfläche nahelegt. Die Fortsetzung dieser Gestaltung in den Außenraum wird nicht gezeigt, aber als Möglichkeit erwähnt und vom Preisgericht begrüßt. Die Wirkung der Treppenhausgestaltung von außen ist durch die starke Farbgebung ebenso gegeben, wie die Einbeziehung des Außenraums in die Gesamtgestaltung.
Die Jury sieht diese Arbeit als kongeniale und sehr zeitgemäße Ergänzung zu der klaren Formensprache der Architektur. Der Titel des Werkes ist ebenso assoziativ wie die grafische Wirkung und sollte als Schriftzug im Kunstwerk erscheinen
Künstlerische Position Kai „Semor“ Niederhausen:
Die im Erdreich verborgen liegenden Wurzeln geben Halt. Sie krallen sich fest im Boden und versorgen den Baum oder das Gewächs mit Nährstoffen aus dem Erdreich. Sehen Sie meinen Entwurf als eine Art „Einblick durch ein Vergrößerungsglas“ in die Schichten der Wurzeln. Das Neonrot verdeutlicht die Energie, welche durch die Wurzeln steigt und dem Gehölz Kraft geben. Es entsteht eine Symbiose aus den gewählten Grüntönen und des Sichtbetons. Bei einer Symbiose geht es um das Zusammenleben von Individuen verschiedener Arten zum gegenseitigen Nutzen bzw. in gegenseitiger Abhängigkeit. Dabei geht es aber auch um Respekt, was ich mit meiner Gestaltung auch darstellen möchte. Respektvoller Umgang mit der Architektur. Der Sichtbeton wird Teil des Bildes. Das Kunstwerk wird durch die Holzelemente an Decke und Wände betont. Auf den großen Glasfenstern kann optional das Wandbild durch Glaselemente weitergeführt werden. Zusammenführen von Glas, Holz, Beton und Malerei. Und in dem Zentrum steht der Mensch (der Schüler/die Schülerin, der Lehrer/die Lehrerin, der Besucher/die Besucherin) der von dem Werk begrüßt wird. Der Mensch ist verwurzelt. Verwurzelung bedeutet gleichzeitig „Heimat“, sich verbunden fühlen. Ich wünsche mir, dass die Schüler*innen genau das fühlen. Eine Verbundenheit mit der Natur, dem Wald, aber auch mit der Schule und ihren Lehrkräften. Es wäre auch denkbar, die Gestaltung im Außenbereich auf der kleinen Mauer weiterzuführen, um die Verbindung von drinnen nach draußen aufzuzeigen. Durch die harmonischen Farben entsteht somit eine Verbindung, gar eine Verwurzelung zwischen dem Innen- und Außenbereich. Weiterhin gibt es meinerseits eine Idee, mit Glaselementen auf den großen Fenstern, die Wandbilder dezent weiterzuführen. Dies würde dem Betrachter/der Betrachterin noch mehr das Gefühl geben, gerade beim Rausschauen, Teil dieser Symbiose zu sein. Trotzdem bleibt durch die transparenten Glaselemente der Blick ungestört. Je nach Sonneneinstrahlung bilden sich kleine Details auf den Wandflächen, genauso wenn die Sonne durch das Blattwerk der Bäume scheint und uns in den Augen kitzelt. Gerne würde ich kleine Detailelemente aus Fichte in mein Werk integrieren. Dies können Resthölzer sein, um auch den Aspekt der „Nachhaltigkeit“ aufzugreifen
2. Platz
Tarnzahlen: 847935
Künstlerin: Barbara Trautmann
Titel: Lichtung
Begründung der Jury:
Die Arbeit „Lichtung“ besticht durch die assoziative Vielschichtigkeit bei minimaler und sehr architektonischer Gestaltung. Die klar umgrenzte zweiteilige Lichtkunst korrespondiert hervorragend mit den Sichtbetonflächen und der gradlinigen architektonischen Formensprache. Das Thema „Wald“ und „Natur“ ist in der intelligenten Betitelung ebenso enthalten, wie in der abstrakten Linienführung, die mit der Kippung um 90° sowohl den Blick in eine Waldlichtung, als auch in eine Hügellandschaft vorschlägt.
Künstlerische Position von Barbara Trautmann:
Ausgangspunkt meiner Überlegungen zu einer künstlerischen Arbeit für das Treppenhaus im Neubau am Forstamt Trier war die Frage, welche Bilder, Zeichen oder Konstellationen könnten den Zweck des Gebäudes sowohl inhaltlich als auch räumlich visualisieren? Handlungen im Wald sind neben der Rohstofferzeugung auch das Erbringen immaterieller Leistungen wie insbesondere den Waldschutz. In dem Zusammenhang schien mir wichtig, dass die künstlerische Arbeit die BesucherInnen zu Assoziationen und Fragestellungen im Umgang mit Wald und Natur einlädt.
Lichtung besteht aus 16 handgeformten Leuchtstoffröhren. Jeweils 8 Glasrohre sind neben- bzw. übereinander in gleich großen Feldern auf die zwei Wände aus Sichtbeton montiert. Vom Forsthof kommend wird der Blick zunächst rechter Hand zu dem Lichtfeld unterhalb des Giebels gelenkt. Von dort aus werden die BesucherInnen über die absteigende Treppe in den Waldpark geführt, indem linker Hand oberhalb der Glastür nach draußen ein Lichtfeld aus horizontalen Linien vor der Betonwand schwebt. Dieses Prinzip funktioniert auch in umgekehrter Richtung. Wie durch zwei Schaufenster strahlt die künstlerische Arbeit in Richtung neuem Hof und in Richtung Waldpark. Lichtung tritt mit der Architektur in Dialog und betont den fließenden Übergang zwischen Außen- und Innenraum, zwischen dem Naturraum Wald und dem Offenland.
Die weiß leuchtenden Linien wirken wie dem Wald, der Natur oder der Landschaft entnommene Konturen wie Baumstämme, Wurzeln, Äste, Hügel, Täler, Bäche, Jahresringe, Erdschichten etc. Die durch die Rotation ausgelöste Veränderung der zwei identischen Felder um 90 Grad verändert die Wahrnehmung und erweitert diese um mögliche Assoziationsräume.
3. Platz
Tarnzahlen: 458334
Student: Leonard Schlöder
Titel: Map of a tree
Begründung der Jury:
Die Arbeit „Map of a Tree“ zeigt eine filigrane, an eine Baumrinde erinnernde konkave Skulptur, die ohne erkennbare Bezüge an einer der Wandflächen angebracht ist. Sie zeigt die Fraßgänge eines Käfers, mithin das Bild einer Zerstörung des lebenden Baumes, welches durch die spitzenartige Ästhetik irritierend verfremdet und überlagert wird. Die Jury würdigt die skulpturale Wirkung des Entwurfs, insbesondere, wenn sie durch gezielte Lichtführung unterstützt würde. Ob diese Wirkung kraftvoll genug für die Räumlichkeit sein wird, wird intensiv diskutiert. Bezüglich der Unterkonstruktion und Befestigung sind nicht alle Fragen geklärt.
Künstlerische Position von Leonard Schlöder:
Die Schwierigkeiten der Wälder werden immer offensichtlicher, die Schneisen die Trockenheit und Borkenkäfer im Wald verursachen sind kaum noch zu übersehen. Map of a tree (Karte eines Baumes) soll eine Momentaufnahme dieses Zustands sein. Einem Zustand der durch Konzepte einer nachhaltigen Forstwirtschaft hoffentlich schon bald Vergangenheit ist. So wird die Karte irgendwann auch zu einem Dokument unserer Zeit.
Es ist die Momentaufnahme eines Baumes der vielleicht kürzlich, auf Grund dieser Probleme, irgendwo gefällt worden ist. Es ist eine Karte seiner Rinde die mit Fraßgängen von Borkenkäfern und anderen Holzschädlingen, wie von einem Wegenetz, durchzogen ist.
Kartografiert werden, und das im Maßstab 1:1, soll ein Stamm von fünf Metern Länge. Ein filigranes Positiv der Fraßgänge, eine komplexe Zeichnung in Holz. Als hätte man den Stamm in einem Stück geschält und seine Rinde einfach aufgerollt soll die Map of a tree leicht gewölbt im Treppenhaus weit über Kopfhöhe angebracht werden. Ein filigranes Positiv der Fraßgänge, eine komplexe Zeichnung in Holz. Die Wölbung ermöglicht einen Schattenwurf der komplexen Formen auf das Treppenhaus und wird so zur Zeichnung im Raum.
24.000,00 € (brutto) inkl. Material und Honorar
Nichtoffener Wettbewerb