Entscheidung
Frankenthal | Stadtklinik Frankenthal
Anlass und Ziel:
Mit rund 700 Mitarbeitenden ist die Stadtklinik der größte Grund- und Regelversorger in Rheinland-Pfalz.
Bis Jahresende 2025 wird sie am Hauptstandort erweitert und saniert. Sie ist damit auf einen Ort konzentriert. Die stationäre und ambulante Versorgung in der Psychiatrie ermöglicht so eine bessere Vernetzung. Das weitläufige, naturnahe Klinikgartengelände wird komplett neu angelegt und erhält am Gebäude einen Therapiegarten.
Gewünscht war ein inhaltlich und ästhetisch eigenständiger Beitrag in Bezug zum Leitbild der Stadtklinik Frankenthal „Vernetzt in Vielfalt, individuell in der Genesung – das Ganzheitliche im Blick“. Das kommunale Krankenhaus versteht sich als demokratischer, integraler Bestandteil der Bürgerschaft. In diesem Kontext sollte die Kunst zugänglich sein für Kunstinteressierte und Menschen, die damit bisher keine Berührung hatten, also nahbar und nachvollziehbar, um eine hohe Akzeptanz zu erreichen.
Verfahren:
Der Wettbewerb war als nicht offener Wettbewerb ausgelobt, zu dem 7 Künstler und Künstlerinnen eingeladen wurden.
Das Verfahren war anonym. Die Wettbewerbssprache Deutsch. Gemeinsam mit dem Auftraggeber wurden die Zielsetzung des Wettbewerbs und die wesentlichen Parameter festgelegt, die gerade in einem sensiblen Umfeld, wie einem Krankenhaus, hier speziell der Psychiatrie zu berücksichtigen sind. Gewünscht waren Vorschläge für den Außenbereich der Klinik, optional für die Lichthöfe. Ausgeschlossen werden sollten Lichtobjekte oder Arbeiten, die Wasser benötigen. Die Wettbewerbsbetreuerin erhielt einen ersten Auslobungsentwurf der Stein und Partnerprojektmanagement GmbH. Auf Grund des sehr engen Zeitplans (Bauabschluss Ende 2025) wurde Eva Mueller im Juni 2025 als Expertin für Kunst am Bau beauftragt, aus ca. 40 Kunstschaffenden eine Einladungsliste zu erstellen und in der Endauswahl 7 Künstlerinnen und Künstler zum Wettbewerb einzuladen. Dazu wurden neben dem Überblick zu speziell im Bereich Kunst am Bau arbeitenden Künstlerinnen und Künstler in Deutschland verschiedene regionale Portale wie z.B. des BBK Rheinland-Pfalz, Atelierhäuser im Umfeld, Kunstverein Ludwigshafen, Kunsthalle Mannheim, etc. herangezogen.
Die Auswahl der 7 Kunstschaffenden erfolgte auf Grund ihrer Professionalität und besonderen Eignung für die mit dem Auftraggeber vereinbarten Zielsetzung. Dezidiert geachtet wurde auf die Diversität der Stilrichtungen, Materialien, Berücksichtigung von Frauen und Männern, jungen Kunstschaffenden und bereits sehr erfahrenen.
Eingeladene Künstlerinnen und Künstler:
Anna Arnskötter (Keramik, Orte des Schutzes)
Claudia Dietz (Stein, amorphe, abstrakte, heitere Formen und Figuren)
Elke Härtel (Bronze, psychologisch sensible Figuren)
Stefan Holzmair (Keramik, surreale Traumformen, junger Künstler mit Bauerfahrung)
Laura Sacher (Naturbezug, Verwendung von vorhandenen Materialien, junge Künstlerin)
Rüdiger Seidt (Cortenstahl, Veränderungssymbolik, harmonische Formen, sehr erfahren)
Sabine Straub (positive Ausstrahlung, vielseitige Formensprache je nach Ort, sehr erfahren)
Wettbewerbsaufgabe (Auszug):
Die Kunst sollte sich mit dem speziellen Ort, der Landschaftsplanung, Funktion und Architektur des Gebäudes auseinandersetzen. Alle Interventionen der Stadtklinik wirken in psychosozialer Hinsicht darauf hin Vorurteilen oder Stigmatisierungen entgegenzutreten. Die Zielgruppen des Neubaus umfassen mehrere Generationen: Allgemeine Psychiatrie, Alterspsychiatrie, Kreißsaal, Mutter-Kind Station.
Die Kunstwerke für den Außenraum unterstützen die Bedeutung des großen Gartenbereichs für alle Patientinnen und Patienten, die Entwürfe sollten sich auf den Terassenbereich und evtl. zusätzlich/optional auf den Lichthof beziehen, letzterer ist nicht zugänglich. Eine positive Ausstrahlung der Kunstwerke war gewünscht, um die Individualität und Gesundungsressourcen der Betrachtenden auch auf diesem Gebiet zu stärken.
Auf Robustheit und Haltbarkeit war zu achten, der Pflegebedarf sollte gering gehalten werden. Absoluten Vorrang hat die Sicherheit vor Verletzungsgefahren – da sich auch verwirrte Personen oder Kinder in diesen Bereichen aufhalten können. Alle gesetzlichen Vorschriften zur Standfestigkeit und Haltbarkeit der Kunst mussten eingehalten werden.
Entscheidung Preisgericht:
Die eingereichten Arbeiten wurden nach folgenden Beurteilungskriterien bewertet:
A) Erfüllung der Wettbewerbsaufgabe:
• künstlerische Qualität des Entwurfs
• Entwurfsidee / Leitgedanke
• Gestalterische Umsetzung und räumliche Qualität
• Auseinandersetzung der Arbeit mit der Architektur, der Geschichte des Ortes und /oder dem institutinellen Rahmen unter Berücksichtigung von, Proportion, Maßstab, Technik, Materialität und Farbgebung
• Materialität und technische Umsetzbarkeit/ Erhaltung
• Einhaltung des Kostenrahmens
• Angemessenheit der Folgekosten (für 10 Jahre)
• Erfüllung der technischen Vorgaben
• Erfüllung der funktionalen Anforderungen (z. B. Identifikationsmöglichkeit, Aufenthaltsqualität)
• Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit
• Wahrung der Sicherheit und Robustheit in der Nutzung
B) Erfüllung der formalen Wettbewerbsanforderung:
• Fristgerechte Abgabe der Unterlagen
• Anonymität der Unterlagen
• Vollständigkeit der Wettbewerbsunterlagen
• Übereinstimmung der Pläne untereinander
• Nachvollziehbarkeit der Größenangaben
• Erfüllung der Vorgaben
• Nachweis der Teilnahmeberechtigung
• Nachvollziehbarkeit der Kostenangaben einschließlich der Betriebs- und Unterhaltskosten
Teilnehmende auf Bauherrenseite waren:
• Herr Dr. Nicolas Meyer, Oberbürgermeister der Stadt Frankenthal und Herr Dr. Matthias Münch, Chefarzt Psychiatrie und Psychotherapie der Stadtklinik Frankenthal (zusammen 1 Stimme)
• Herr Bernd Schröder, Fachbereichsleiter Bau und Technik und Eva Kühborth, Stellvertretende Pflegedirektorin der Stadtklinik Frankenthal (zusammen 1 Stimme)
• Herr Thomas Gusenburger, Inhaber von Neumann Gusenburger Landschaftsplanung und Jürgen Schmitz, Architekt der Baumaßnahme, a|sh sander.hofrichter architekten GmbH (zusammen 1 Stimme)
Als Kunstsachverständige nahmen teil:
• Doris Erbacher, Künstlerin in Rheinland-Pfalz
• Amelie M. Klein, Direktorin des Kunstvereins Ludwigshafen am Rhein. e.V.
• Stefanie Schmeink, Vorständin im BBK Rheinland-Pfalz
• Dr. Maria Lucia Weigel, Kunsthistorikerin
Begründung der Jury:
1. Preis: Elke Härtel – Die Erdmännchen von Frankenthal
Wenn man sich die Zielsetzung der Stadtklinik für die Kunst am Bau ansieht, entspricht dieser Entwurf am ehesten dem Wert der künstlerischen Intervention für diesen Ort. Die Erdmännchen bieten Patientinnen und Patienten, Besucherinnen und Besucher und dem Personal einen positiven Resonanzraum. Sie sind emotional positiv konotiert. Die Darstellung ihrer verschiedenen Gefühlszustände passt besonders gut in den vorhandenen Erlebnisraum der Klinik. Ihre geringe Größe stellt keine
Gefahr dar. Sie sind weniger Statement, wirken auf den ersten Blick zugänglich und eröffnen bei näherer Beschäftigung über ihren narrativen, niederschwelligen Zugang hinaus einen tieferen Bedeutungszugang. Durch die Interaktion mit den Nutzerinnen und Nutzer der Klinik sind sie im Sinne einer soziale Plastik zu sehen.
Vor allem ist dieser Entwurf ein Beitrag für alle Generationen in der Stadtklinik Frankenthal. Psychisch kranke Mütter, die sich mit ihren Kindern länger auf dem Gelände aufhalten werden, könnten die Erdmännchen als Anlass für einen Parkausflug nehmen. Mit ihren verschiedenen Charakteren ist ein therapeutischer Mehrwert gegeben. Für nicht so unkomplizierte Besuchsstunden an diesem nicht so einfachen Ort bieten sie einen lockeren Gesprächseinstieg mit Besucherinnen und Besucher, bringen zum schmunzeln. Sie laden dazu ein, über sie zu sprechen – und vielleicht auch über die eigenen Gefühlszustände. Als Zweibeiner bieten sie einen breiten Resonanzraum.
Durch die Interaktion mit den Nutzerinnen und Nutzer der Klinik wirken sie im Sinne einer soziale Plastik. Man kann sie separat betrachten – oder in Beziehung zueinander und zur Landschaft. Als besonders gelungen erschien die Verteilung in der zeichnerischen Darstellung im Park. So wird der gesamte Raum bespielt und miteinander verbunden. Die Erfahrung mit Parks im Klinikbereich ist, dass sie sonst gar nicht so gut genutzt werden. Eine pfiffige Idee ist, mit dem Titel zu suggerieren, dass die Erdmännchen von Frankenthal bereits ein stehender Begriff wären.
Das Ministerium der Finanzen hat die Unterlagen zum Wettbewerbsverfahren nicht auf Rechtmäßigkeit und/oder Vollständigkeit überprüft und übernimmt daher keinesfalls eine Haftung.
216.500,00 € (brutto) inkl. Material und Honorar
Nichtoffener Wettbewerb
089-6415739
Mail: em(at)kunstberatung.de
