Kunst und Bau
"Das künstlerische und kulturelle Schaffen ist durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände zu pflegen und zu fördern."
So steht es in Artikel 40 der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz.
Ein wesentlicher Bestandteil der Förderung des künstlerischen Schaffens ist die Beteiligung Bildender Künstler und Künstlerinnen an den vom Land geförderten oder beauftragten Baumaßnahmen. Das heißt, ein bis zwei Prozent der Bausumme eines öffentlichen Gebäudes werden in Kunstwerke investiert. In gewisser Weise wird dadurch das staatliche Mäzenatentum früherer Jahrhunderte fortgeführt. Die Kunst am Bau ist ein Teil der Baukultur, eine künstlerische Aufgabe mit unmittelbarem öffentlichem Bezug. Damit diese Aufgabe gelingt, ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Bauherren und. Bauherrinnen mit Architekten und Architektinnen und Künstlern und Künstlerinnen notwendig.
Wie es der Name schon sagt: „Kunst am Bau“ ist ein Kunstwerk, welches im Dialog mit der Architektur steht. Es ist eigens für den Ort entworfen und gezielt aus der Auseinandersetzung mit der Umgebung, der Form und dem Zweck des Gebäudes entstanden. Alle Möglichkeiten der Bildenden Kunst oder des Kunsthandwerks können zur Anwendung kommen: Skulpturen oder Wandgestaltungen, aber auch Installationen, Licht- oder Medienkunst, oder künstlerische Eingriffe in das Bauwerk selbst. Diese Webseite gibt Einblick in die Vielfalt der Lösungsansätze. Es sind in der Mehrzahl künstlerische Gattungen wie Plastik und Malerei in großen Formaten und in der Kunst bereits seit langem etablierte formale Ansätze. Nur sehr vereinzelt lassen sich Beispiele für Medienarbeiten, für zeitabhängige oder prozessuale Arbeiten aufzeigen oder für solche, die ihre Materialität in Frage stellen wie Lichtarbeiten oder akustische Beiträge. Die Dauerhaftigkeit der Kunstwerke im öffentlichen Raum ist Thema vieler Diskussionen, vor allem da ein sehr aktueller Bereich des Kunstschaffens sich mit konzeptionellen Arbeiten auseinandersetzt, bei denen der Prozess des Werdens bedeutsamer ist als das Ergebnis. Die Verfahren für KUNST AM Bau werden sich mit diesen Veränderungen auseinandersetzen, damit sie ein lebendiger Teil des Kunstschaffens bleibt. Dennoch bleibt bemerkenswert, dass auch sehr klassische Werke ihre zeitlose Aktualität behalten können.
Kunst am Bau ist ein eigener Beitrag zur Gestaltung der Umwelt. Frei von den funktionalen Anforderungen der Architektur kann sie einen besonderen Akzent setzen, der die Identität und Unverwechselbarkeit eines Gebäudes fördert. Sie trägt so zur „Imagebildung“ von Gebäuden und deren Nutzern bei. Gleichzeitig trägt sie aber auch Kunst in den öffentlichen Raum, in den Bereich der unmittelbaren und, anders als beim Museumsbesuch, „absichtslosen“ Wahrnehmung. So wird der Dialog zwischen Kunstschaffenden und der Öffentlichkeit unterstützt. Am Umgang mit der Kunst, ebenso wie am Umgang mit der Baukultur, lässt sich das kulturelle Bewusstsein einer Gesellschaft noch nach Jahrhunderten ablesen.
Eine qualitativ hochwertige künstlerische Ausgestaltung ist das Ergebnis eines konzentrierten interdisziplinären Abstimmungsprozesses: Im Idealfall beraten Bauherr und Architekten schon während der Entwurfsphase des Gebäudes über Standort und Konzeption für Kunst am Bau. Die Künstlerische Ausgestaltung von Gebäuden, die das Land als Zuschussgeber fördert, ist in der Verwaltungsvorschrift 631 geregelt. Bei öffentlichen Bauvorhaben des Landes ist das Verfahren in der RLBau, Abschnitt K7 geregelt. Hier prüfen Kunstsachverständige im Auftrag des Ministeriums der Finanzen und des für Kulturangelegenheiten zuständigen Ministeriums die vorgeschlagene Konzeption und beraten bei der Auswahl des Verfahrens. Meist geschieht die Auslobung im Rahmen eines beschränkten oder offenen Wettbewerbes, nur bei geringen Summen kann der Auftrag „freihändig“, also im Direktauftrag an eine Künstlerin oder einen Künstler bzw. eine Kunsthandwerkerin oder einen Kunsthandwerker vergeben werden. Die Aufgabe wird formuliert und als Auslobung an eine vorher festgelegte Anzahl künstlerische Teilnehmer verschickt. Nach einer angemessenen Bearbeitungszeit entscheidet ein Preisrichtergremium über die beste Lösung. Als Preisrichter sollen vertreten sein: Architekt bzw. Entwurfsverfasser, die nutzende Verwaltung, ein Mitglied des Berufsverbandes Bildender Künstler (BBK) Rheinland-Pfalz oder des Berufsverbandes Kunsthandwerk Rheinland-Pfalz, bei Landesbaumaßnahmen zusätzlich ein Vertreter des für Kulturangelegenheiten zuständigen Ministeriums und ein Vertreter des Ministeriums der Finanzen als letzte bauliche Instanz. Die beiden Ministerien benennen je einen Kunstsachverständigen in das Preisgericht.
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat sich bereits in der Wiederaufbauphase nach dem 2. Weltkrieg nach 1950 verstärkt zu der Verpflichtung bekannt, ihre Bauten künstlerisch zu gestalten, um damit auch die bildenden Künstler am öffentlichen Baugeschehen teilnehmen zu lassen. Verständlicherweise konnte in Anbetracht der außerordentlich knapp bemessenen Mittel, die für das damals zu bewältigende Wiederaufbauprogramm zur Verfügung standen, eine künstlerische Gestaltung der Bauten des Landes nur sporadisch erfolgen. Zu dieser Zeit stand noch keine Verfahrensregelung über die "Kunst am Bau" zur Verfügung. Bereits im Dezember 1959 wurde jedoch eine neue Dienstanweisung für die Staatlichen Hochbauämter eingeführt, in der erstmalig die künstlerische Gestaltung von Neubauten des Landes vorgeschrieben wurde. Sehr wesentlich war dabei, dass neben allgemeinen Verfahrenshinweisen gestaffelte Richtsätze für die dafür einzusetzenden Mittel festgelegt wurden. Auf der Basis anrechenbarer Baukosten ergab sich ein fester Betrag, der zweckgebunden für die künstlerische Gestaltung der Neubauten des Landes bereitgestellt werden musste. Eine wichtige Fortschreibung dieser Richtlinien erfolgte im Jahre 1972 dadurch, dass bei jedem staatlichen Gebäude in Rheinland-Pfalz eine künstlerische Gestaltung als Integration mit dem Gebäude vorzusehen war. Außerdem wurden die dafür anzuwendenden Richtsätze angehoben. Besonders hervorzuheben ist, dass die bildenden Künstlerinnen und bildenden Künstler bereits im Planungsstadium an der jeweiligen Aufgabe mitwirken sollten und dass der Berufsverband Bildender Künstler Rheinland-Pfalz (BBK) bereits zur Idee der künstlerischen Gestaltung und auch zur Frage der Beteiligung bildender Künstlerinnen und Künstler frühzeitig gehört werden sollte. Außerdem sollte er beratend bei der Vorbereitung von Wettbewerben wirken und auch in den Beurteilungsgremien von Wettbewerbsentwürfen vertreten sein. Diese bedeutsame Richtlinie wurde auch ausgeweitet auf Bauten, die mit Landesmitteln bezuschusst wurden.
Das Verfahren bewährte sich im staatlichen Hochbau insgesamt gut, und die zu Verfügung gestellten finanziellen Mittel wurden voll ausgeschöpft. Bis 1976 nahmen an den meist beschränkt ausgelobten Wettbewerben nahezu 300 bildende Künstler, Bildhauer, Maler und Keramiker, teil. In den Jahren 1978 und 1992 wurden die Richtlinien modifiziert. Insgesamt ermöglichten die vorhandenen Rahmenbedingungen einen fairen Leistungswettbewerb. Bis 1989 sind für die künstlerische Gestaltung von Neubauten im Schnitt jährlich etwa 800.000,00 DM aufgewendet worden.
Anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens des Berufsverbandes Bildender Künstler Rheinland-Pfalz 1998 wurde im Jahrbuch des BBK ein historischer Abriss der Entwicklung der künstlerischen Gestaltung von Hochbauten bis 1998 gegeben (1). Der Verfasser benennt in einer “Momentaufnahme“ die Persönlichkeiten, die 1975 und später an entscheidender Stelle im Bereich “Kunst am Bau“ mitgewirkt haben: Heinrich Schreiner, Roland Ruf, Frank Rauda, Berthold Roland, Heinrich R. Gruber, Liesel Metten, Gernot Rumpf, Theodor Ignaz Graffé, Erwin Morlock, Günther Franz und Rolf Peter Hennes. Diese engagierten Vertreter der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, des Berufsverbandes Bildender Künstler Rheinland-Pfalz, der beteiligten Landesministerien und der nachgeordneten Dienststellen haben ohne Ausnahme über viele Jahre in ganz hervorragender Form zusammengearbeitet und so den Bereich der Kunst im öffentlichen Raum konsequent weiterentwickelt.
1975 erfolgte auch die erstmalige Auslobung des Wettbewerbes zum "Staatspreis Kunst am Bau". Dieser unter Architektinnen und Architekten sowie bildenden Künstlerinnen und bildenden Künstlern ausgelobte Wettbewerb war der erste seiner Art in der Bundesrepublik Deutschland. Ziel dieses und auch der nachfolgenden Wettbewerbe "Staatspreis für bildende Kunst und Architektur" 1977/1978, 1985 und 1989 war die Auszeichnung beispielhafter Leistungen, Kunst in das Bauwerk oder dessen zugehörige Umgebung zu integrieren. Ein vorbildlich gestaltetes Bauwerk oder eine besonders gelungene künstlerische Gestaltung allein konnte nach den Auslobungsbedingungen dieser Wettbewerbe nicht ausgezeichnet werden.
1. Rauda, Frank Kunst im öffentlichen Raum in Kunst in Rheinland-Pfalz 1948-1998 Jahrbuch zum fünfzigjährigen Bestehen des BBK Rheinland-Pfalz 1998